In vier Abschnitten schlägt der Autor eine Brücke von der Ausgangslage einer Welt im Globalisierungszeitalter über Chancen Europas bis zur „Revitalisierung Deutschlands“. Er empfiehlt Deutschland ein Benchmarking in allen wichtigen Bereichen, um die Richtung der notwendigen Änderungen zu erkennen.
In seiner Darstellung der Ausgangslage geht Lothar Späth zunächst weit zurück auf die Ideen und Ansichten der ersten Volkswirtschaftler des 18. Jahrhunderts, wie zum Beispiel Adam Smith. Wie diese kommt auch Späth zur Erkenntnis, dass die Globalisierung nicht grundsätzlich schlecht ist, sondern auch als Ansporn für einen (Leistungs-)Wettbewerb zwischen Regionen und Ländern führt. Er macht auch klar, dass es nur „eine Welt“ gibt, die uns alle versorgen muss.
Der schon von Ludwig Erhard geforderte „Wohlstand für alle“ steht dabei klar erkennbar im Gegensatz zu der Erkenntnis, dass unsere Ressourcen begrenzt sind, und neben uns Europäern auch zunehmend Afrika und Asien ihre Anteile daran einfordern. Dies kann nur zu steigenden Preisen und damit zu Verteilungskonflikten um diese Rohstoffe führen. Im Ergebnis kann es nach Ansicht einer UNO-Studie dazu führen, dass Trinkwasser in 50 Jahren durch seine Verknappung die heutige Bedeutung von Erdöl erreichen könnte.
Um einen übermäßigen und fehlentwickelten Wettbewerb zu vermeiden, empfiehlt Späth einen globalen Ordnungsrahmen, der für eine weltweite Chancengleichheit sorgt. Als Beispiel nennt er hier eine gute Schulbildung. Bildung ist die Voraussetzung für Innovationen, die wiederum Chancen im globalen Wettbewerb sichern.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist für ihn die Bildung von Clustern, also die enge Verbindung von Verwaltung, Forschung, Bildung und Unternehmen in räumlicher Nähe. In der Untersuchung der „Chancen Europas“ gelangt auch Späth unvermeidbar zum Thema Demographie. Die von ihm genannten Zahlen zeigen, dass ohne eine erhebliche Zuwanderung die Bevölkerungszahl Europas erheblich schrumpfen wird. Dies hat unmittelbare Konsequenzen für die Produktion von Gütern und Ideen. Er propagiert daher den kulturellen Austausch und sieht diesen als Voraussetzung, die Herausforderungen der Globalisierung zu bestehen. Den deutschen Politikern rät Späth, sich den Fakten zu stellen und diese auch den Bürgern offen darzustellen.
Er empfiehlt Deutschland ein Benchmarking in allen wichtigen Bereichen, um die Richtung der notwendigen Änderungen zu erkennen. Zum Schluss nennt er tabellarisch die Maßnahmen in den seiner Meinung nach wichtigsten Bereichen. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das Buch gut die Lage Deutschlands Anfang des 21. Jahrhunderts in einer globalen Wirtschaft darstellt und praktische Ansätze zur Gestaltung unserer Zukunft nennt.
Das Buch ist gut lesbar, wenn auch bei weitem nicht so unterhaltsam wie ein Live-Auftritt von Lothar Späth.
Der Autor
Lothar Späth war von 1978 bis 1991 Ministerpräsident von Baden-Württemberg. In den Jahren 1991 bis 2003 leitete er die Jenoptik AG. Von 2003 bis 2012 war er für die amerikanische Investmentbank Merrill Lynch tätig.
Lothar Späth: Strategie Europa – Ein Zukunftsmodell für eine globalisierte Welt
Rowohlt Verlag, 2005, 270 Seiten, ISBN: 3-498-06383-9
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